Lettland 2006

Mein Praktikum in Liepaja, Lettland, von August bis Oktober 2006

Samstag, November 04, 2006

Litauen, Estland und eine lange Heimreise

Mittlerweile bin ich wieder in Deutschland, schadeschade, das Semester ist schon wieder dran, und ich hatte nicht wirklich eine Pause zwischen Praktikum und Uni, also auch keine Zeit, das Erlebte richtig zu verarbeiten. Nicht, dass es dramatische Einschnitte in meinem Leben gegeben hätte, über die ich wochenlang nachdenken müsste ... aber es wäre irgendwie schöner, wenn ich etwas mehr Zeit gehabt hätte, um mich hier wieder einzuleben. Aber: Is halt net, also auf ins Semester, das verspricht, sehr spannend zu werden.
Ich will euch aber auf gar keinen Fall meine letzten beiden Wochen im Baltikum vorenthalten.

Meine letzte halbe Arbeitswoche endete bereits Mittwochs, weil Christoph und ich geplant hatten, Donnerstag früh morgens nach Litauen aufzubrechen. Entsprechend gabs Mittwoch gegen Feierabend einen kleinen Ausstand mit Sekt, Kuchen und Abschlussfoto:
v.l.n.r.: Girts (unser großartiger Chef), Christoph, Sanita (eine weitere Praktikantin) und Kristine (die managt [schrecklicher Anglizismus] das Büro)

Und Donnerstag morgen gings dann los. Zuerst mussten wir mit dem Bus nach Riga fahren und die reparierte Karre abholen. Für Transport des bewegungsunfähigen Autos vom Stadtzentrum zur etwas außerhalb gelegenen Werkstatt, Reparatur der Kupplung und komplettem Rundumcheck musste ich mal eben 19 Lats (ca. 26 Euro) bezahlen - geil, wa? Wenn ihr mal größere Reparaturen am Auto zu machen habt, machts in Lettland!

Und dann gings los nach Litauen, yeah! Unsere Reiseplanung sah wie folgt aus (siehe auch Karte rechts): Über Siauliai und den dortigen Berg der Kreuze am selben Tag nach Kaunas, dort 2 Nächte in dem Wohnheim bleiben, in dem Christoph auch während seines Auslandssemesters gewohnt hatte. Dann Samstags morgens über Trakai nach Vilnius und dort die Nacht bei einer Freundin von ihm verbringen. Und dann Sonntags zurück nach Riga, von wo Christoph mit dem Bus nach Liepaja zurück fährt, und von wo ich dann weiter nach Tartu fahren würde.

Mit unserer Planung sehr zufrieden fuhren wir also los in Richtung Süden, am Grenzübergang gings auch gewohnt zügig. Bevor wir jedoch überhaupt unsere erste Station Siauliai erreichten, hatten wir einen sehr unerwarteten und teuren Zusammenstoß mit der litauischen Obrigkeit: Wir wurden geblitzt. Beziehungsweise geradart oder so, jedenfalls stand auf diesem pistolenähnlichen Gerät 76 km/h. Nun, wir waren laut Auskunft der Polizisten in einem Ort, und dort sei nur 50 erlaubt. Wir haben vielleicht blöde geguckt, keiner von uns hatte registriert, dass wir in einer Ortschaft sind, geschweige denn das Ortsschild gesehen. Bei genauerem Hinschauen waren dann doch ein paar Häuser zu sehen, und der Polizist konnte uns sogar das Ortsschild zeigen. Selbiges ist schon unverschämt unauffällig, klein, weiß und kaum sichtbar angebracht. Zähneknirschend gaben wir uns unserem Schicksal hin. Zuerst sollten wir allerdings 300 Litas bezahlen (85 Euro), das war uns doch bisschen happig. Ein bisschen Geheule (Wir sind arme Studenten. Wir habens net gesehen. Ist doch unfair so dicht hinterm Ortsschild zu blitzen.) und wir waren auf die Hälfte runter. Immer noch genug, um unserer Reiselust einen kleinen Dämpfer zu versetzen. Wir bezahlten und fuhren weiter. Aber es sollte noch besser kommen.... doch dazu später mehr.

Wir ließen uns natürlich nicht lange davon ärgern, gingen erstmal essen, und erreichten kurz später schließlich den Berg der Kreuze (Kryžių kalnas). Wahnsinn, da haben die Litauer Tausende von Kreuzen aufgestellt, und unzählige kleine Kreuze hängen an ihnen. Dazu muss man wissen, dass Litauen ein sehr katholisches Land ist, stark beeinflusst von der gemeinsamen Vergangenheit mit Polen. Während der Sowjetzeit wurde Religiösität unterdrückt, und russische Planierraupen machten den Hügel platt und vernichteten alle Kreuze - am nächsten Morgen hatten die Litauer dort wieder hunderte Kreuze errichtet.

Dies geschah mehrere Male, und jedes Mal standen mehr Kreuze dort als zuvor. Somit wurde der Hügel auch zum Symbol für den Widerstand gegen die sowjetische Besatzung. Sehr sehr faszinierend. Und 1993 kam der Papst Johannes Paul II. dorthin, feierte eine Riesenmesse und hinterließ eine Inschrift und ein weiteres großes Kreuz, und seither ist die Zahl der Kreuze explodiert, und der Hügel ist zu einem richtigen Wallfahrtsort für Christen geworden.


Weiter gings nach Kaunas, wo wir unser spartanisch eingerichtetes Zimmer bezogen und sofort einen Freund von Christoph trafen, der immer noch dort studiert, ein Franzose namens Damien. Wir stießen dort auch geradewegs auf eine spanische Party, die von der Polizei nach recht kurzer Zeit aufgelöst wurde, und alle verzogen sich in einen mittelmäßigen Klub in der Nähe des Wohnheims. Damien schaffte den Heimweg nicht mehr alleine, aber beidseitig gestützt ließ er sich unter Gegenwehr dann heimschleifen. Großartiger Abend :-)

Am nächsten Tag zeigte Christoph mir in einem Gewaltmarsch die Stadt Kaunas. Mein Eindruck war gemischt, ich könnte jetzt nicht sagen, dass die Stadt schön oder hässlich oder besonders charmant ist oder so etwas. Es gab einige sehr schöne Ecken, aber nichts was mich jetzt umgehauen hat. Immerhin fließen dort wie in Koblenz zwei Flüsse zusammen, die Kaunaser machen aber gar nix dadraus. Also kein Litauisches Eck mit Fahnen und Touris. Nur bisschen Sand und paar Sträucher. Wenigstens ich habe mich drüber gefreut, war fast so schön wie in Koblenz (bei dem Schornstein im Hintergrund nicht so genau hinschauen ;-) ).

Dafür gibt es vor den Toren der Stadt das "Neunte Fort", eine Gedenkstätte für den Terror der Nazis, die hier im zweiten Weltkrieg tausende Juden aus ganz Europa umbrachten. Eine beklemmende Atmosphäre umgibt das Gelände, es gibt zwei Museen und ein Mahnmal. Wer mal nach Kaunas kommt. Schaut es euch an! Gerade das neue Museum hat viel interessantes über die Geschichte der baltischen Staaten im Krieg zu bieten!

Noch beeindruckender ist allerdings das Nachtleben von Kaunas. Wir verbrachten den zweiten Abend im Fortas, einem Irish Pub ähnlichen Etablissement mit Live-Musik im ersten Stock. Wir trafen dort Rima, Ruta und Agne, drei litauische Mädels, die Christoph kennt. Ruta sollte unsere Gastgeberin in Vilnius sein, von daher hatte sie sofort einen ungeheuren Sympathiebonus. Aber sie waren alle schwer nett, leider teilte niemand meine Begeisterung über die Performance der lokalen Metal-Band, die an diesem Abend spielte. Egal, ich hatte meinen Spaß! :-) Und dann gabs einen mittelmäßigen Döner zum Abschluss - da fehlts den Litauern ganz klar an Fachkräften bei türkischem Essen. Dafür haben sie ein sehr leckeres Nationalgericht: Zeppelinis. Hmmm, Hachfleisch im Kartoffelmantel. Keine Ahnung, wie sie das zubereiten, aber verdammt verdammt lecker!

Am nächsten Morgen brachen wir mehr oder weniger fit auf nach Vilnius, auf dem Weg dorthin lag Trakai, vormals Regierungssitz Litauens. Eine schmucke Burg im Wasser ist aber auch das einzig wirklich sehenswerte - immerhin gabs ein paar echt schöne Bilder.

Aber wir hatten doch keine Zeit, also sind wir zügig weiter nach Vilnius. Und Wow! Was für eine Stadt. Für mich die rein architektonisch und so vom Stadtbild her die beeindruckendste der drei baltischen Hauptstädte. Unzählige Kirchen schmücken die Skyline, während auf der andren Seite des Flusses moderne Hotels das Bild bestimmen. Da Vilnius 2009 Europas Kulturhauptstadt werden wird, ist es momentan eine einzige Baustelle. Aber auch so fand ich es unheimlich schön dort, und ich freue mich darauf, dorthin zurückzukehren, denn ich habe längst nicht alles gesehen. Abends/nachts waren wir in einem Club, dessen Zielpublikum wohl klar über 30 lag. Wir fühlten uns trotzdem wohl. Danke nochmal an Ruta für die ausgezeichnete Wahl der Lokale, die nette Unterbringung und den guten italienischen Käse ;-)

Am Sonntag verließen wir Litauen dann wieder, dabei kamen wir am geografischen Zentrum Europas vorbei. Krass, oder? Das liegt in Litauen, was wir allesamt als östliche Grenze Europas wahrnehmen. Aber tatsächlich geht unser Kontinent bis zum Uralgebirge in Russland, deshalb also.
Nun, wir kamen nicht aus Litauen raus, ohne noch einmal Bekanntschaft mit der Polizei zu machen. Nach gleichem Muster wie bereits 3 Tage zuvor liefen wir ihnen in die Falle: Eine Landstraße ging fließend in einen Ort mit 2-3 Häuschen fernab der Straße über, das Schild war mal wieder nicht erkennbar, und direkt in der ersten Kurve standen sie hinter einer Hecke und hielten ihr verdammtes Radargerät genau auf uns. Die können uns maximal 20 Meter hinterm Ortsschild gemessen haben, das ist echt das Letzte! Wer ist denn da bitte schon auf 50 runter??? Das wär ja alles okay mit dem Blitzen, wenns einen nachvollziehbaren Zweck verfolgen würde. Aber das hier....echt jetzt! Wir haben uns dann doch ziemlich aufgeregt, weil da war keine Ortschaft zu erkennen, weder durch das Ortsschild (gut versteckt) noch durch die Bebauung. Und dann auch noch die Tatsache, dass wir mindestens 20 Minuten gebraucht haben bis wir weiterfahren durften und in der Zwischenzeit zig Autos und LKWs rasend schnell vor unserer Nase durchgerauscht sind! Und die haben nicht gemessen in der Zeit! Warum mussten die unbedingt uns kriegen?? Nunja, bei den Verhandlungen letztlich machtlos, weil der Polizist ein leidliches Englisch sprach (viel mehr als den zu zahlenden Betrag brachte er nicht über die Lippen), fügten wir uns einmal mehr. Natürlich nicht ohne den üblichen traurigen Hundeblick aufzusetzen und bisschen rumzuheulen, dass wir Studenten seien und es nicht gesehen haben, etc. Da wir diesmal sogar 82 km/h drauf hatten, wären die 300 Litas mehr als berechtigt gewesen nach deren Bußgeldkatalog, aber wir habens wieder auf 150 gedrückt. Außerdem haben wir diesmal gesagt, dass wir kein litauisches Geld hätten, also muss ich das Ganze jetzt überweisen. Mach ich natürlich nicht ... erstmal abwarten, ob die ne Mahnung nach Deutschland schicken. Die sollen mal gefälligst was tun für ihr Geld!

Mit erheblichem Verzug und Verärgerung näherten wir uns wieder der heimischen lettischen Grenze, froh den geldgeilen litauischen Polizeistreifen zu entgehen. Endlich wieder rasen wie wir wollen. In Lettland scheints nämlich kein Geld für so viel Polizei zu geben. Die letzte Etappe unserer Reise führte uns schließlich durch Daugavpils, die zweitgrößte lettische Stadt, wieder zurück nach Riga. Der Weg über Daugavpils war erheblich länger als der direkte Rückweg, aber wir hatten so viel über die Stadt gelesen, dass wir dort unbedingt hin mussten. Laut Lonely Planet Reiseführer nämlich sei es eine armselige Industriestadt, mit über 80 % fest in der Hand der Russen, die dort von den Sowjets während des kalten Krieges angesiedelt wurden, um getreu der zentralisierten Planwirtschaft für die gesamte Sowjetunion solch wichtige Produkte wie Traktorenketten herzustellen. Viele dieser Russen blieben dort auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, und es scheint, als sei die im Krieg weitgehend zerstörte Stadt ebenso grau und hässlich wieder aufgebaut worden, wie sie es vorher schon war. Es gibt nichts zu sehen in Daugavpils, außer dem Phänomen, dass es kaum Menschen in unserem Alter gibt - die jungen gehen zur Schule und hauen dann ab Richtung Hauptstadt, weil in ihrer Heimatstadt einfach nichts los ist. Unser Hang zum Katastrophentourismus trieb uns letztlich doch dorthin. Allerdings wurde die Stadt dem schlechten Bild, das von ihr nicht nur im Lonely Planet, sondern auch allgemein unter den Letten vorherrscht, nicht gerecht. Es war halt grau und trostlos (siehe das Bild oben von der zentralen Fußgängerzone und nach unserem Beobachten auch Einkaufsstraße), aber das war jetzt nix Neues für uns. Und die paar Industrieschornsteine und schlechten Straßen haben uns auch nicht wirklich vom Hocker gehauen. Relativ enttäuscht, weil wir nicht die Armut und das Elend gesehen haben, das wir erwartet hatten, zogen wir weiter. Was uns blieb ist aber dann doch ein lustiges Foto, dass die russische Vergangenheit und Gegenwart vor Augen führt, wenn es auch nur den Name eines der zahlreichen Spielsalons zeigt:

Krass eigentlich ... ist ja so ähnlich als hätte man bei uns ein Casino mit dem Namen Gestapo nach dem Krieg gefunden.

Das wars aber auch schon in Daugavpils, also zogen wir weiter nach Riga, ich ließ Christoph nach einem wahrhaft männlichen und tränenlosen Abschied am Busbahnhof raus und machte mich auf den nächtlichen Weg nach Tartu, wo ich auch dann um Mitternacht ankam. Die Woche verbrachte ich teils bei Ele im Wohnheim, teils in einem sehr angenehmen Hostel, das deutlich schönere Räumlichkeiten zu bieten hatte als mein Wohnheim, in dem ich im Semester in Tartu gewohnt hatte. Es war ein sehr fauler Urlaub, wir sind viel ausgegangen (Atlantis, Club Tallinn ... olé!). Ich habe auch einige der Erasmus-Studenten aus dem letzten Semester wieder getroffen, die immer noch hier sind (Hi Esther, Yianna, Chechu, Aldo) und viele andere Bekannte aus Tartu (Hey Chris, Jorn, Kadri, Kadri, Marian, ...). Und wieder im Club Tallinn zu rocken war ein unheimlich geiles Gefühl. Die Bardamen haben ein neues Outfit, sehen aus wie Stewardessen jetzt. Die Musik ist noch gleich gut, die Preise gleich niedrig. Und es ist noch voller Mittwochs abends, krass (das leider verwaschene Bild gibt vielleicht einen Eindruck vom Platzmangel).
Donnerstags und Freitags habe ich an einer Konferenz teilgenommen, bei der es um Entrepeneurship in der Ostseeregion ging, sehr interessant, und mit Leuten aus aller Herren Länder. Es gab ein paar spannende Vorträge, ein paar langweilige auch, Workshops, Essen und Trinken satt, ein Gala-Dinner im Ballsaal des Universitätsmuseums (wo ich Ele ganz heimlich eingeschleust habe - keiner hats gemerkt), und ich habe einige sehr nette Menschen kennen gelernt. Nach Konferenzende sind wir gemeinsam ein paar Bierchen schlürfen gegangen, so nachmittags um 16h. Die meisten waren zum ersten Mal in Tartu und zeigten sich, wie ich seitdem, sehr begeistert von Stadt und Land. Also, an alle: Fahrt mal ins Baltikum in Urlaub. Noch ist es dort günstig und nicht zu touristisch!

Jaha, und am Samstag mittag bin ich dann zusammen mit dem Briten Chris zu einem denkwürdigen Road-Trip durch halb Europa aufgebrochen. Raus aus dem schönen Estland, durch das von miesen Straßen gesäumte Lettland, hinein ins Abzockerland Litauen (diesmal ohne geblitzt zu werden!), und dann nach Polen, wo die Straßen noch viel schlechter waren. Durch Kaliningrad konnten wir dank der Russen und ihren blöden Grenzen nicht durch, also mussten wir einen großen Schlenker machen, wie auf der Hinfahrt auch. Dafür kamen wir durch Warschau, wo wir meinen ex-Mitbewohner aus Tartu, Davit, um 4 Uhr nachts für 2 Stunden trafen, und hatten die zweifelhafte Freude, über eine der wenigen polnischen Autobahnen zu fahren. Unser Glück wurde nämlich durch die alle 50 km auftauchenden Mauthäuschen getrübt, wo sie jedesmal knapp 4 Euro einkassierten. Aber das war uns das schnelle Vorankommen und das angenehmere Reisen durchaus wert. Bei Frankfurt/Oder über die Grenze und schnurstracks nach Berlin, wo wir Sylvia, ebenfalls eine Bekannte aus dem Tartu-Semester, trafen. Sie wohnt in Neukölln, dem Stadtteil, in dem vorwiegend Menschen mit Migrationshintergrund wohnen, um es mal politically correctly auszudrücken. Witzige Anekdote: Da wir keine Euros hatten, ging Chris mal geschwind in die Deutsche Bank umme Ecke, um Geld abzuheben. In besagter "Deutscher" Bank war sämtliche Plakatwerbung für Kredite etc. nicht etwa auf deutsch, sondern auf türkisch. Fand ich schon krass und dann irgendwo auch witzig, weil es die "Deutsche" Bank war.
Nuja, Chris blieb dann dort, um weiter nach London zu fliegen, und ich trat die restlichen paar hundert Kilometer nach Koblenz an. Dank unseres bestens ausgebauten und qualitativ hochwertigen Straßennetzes (ihr wisst ja alle nicht wie gut wirs hier haben!) ging das auch in 6 Stunden, und ich war endlich wieder in meiner geliebten WG. Hach, wie schön alle wieder zu sehen!

Was bleibt als Fazit meines Rückwegs?
  • Lettland war spannend und ganz anders als Estland. Die baltischen Staaten mögen unter diesem Begriff zusammengefasst sein, in ihrem Innern ist es allerdings unterschiedlicher als zwischen Deutschland und Frankreich zum Beispiel.
  • Litauen hat deutlich zu viele Polizisten. Vier Zusammenstöße in vier Tagen - nicht schlecht (2mal geblitzt, 1mal Party gesprengt, 1mal Alkoholkontrolle in Kaunas)!
    Dafür aber auch sehr viele schöne interessante und landschaftlich reizvolle Reiseziele! Nur: Fahrt langsam!
  • Polen wirkt bei Tageslicht irgendwie ein wenig rückständig und ungeordnet. Die westliche Orientierung und die Weiterentwicklung im Land ist längst nicht überall sichtbar.
  • Deutschland ist einfach nur schön. Das fällt mir wieder mal auf, nachdem ich lange nicht hier war. Uns (also der großen Mehrheit) gehts bestens und wir haben eine wundervolle Landschaft. Und wir hätten fast die WM gewonnen. Zeit für Patriotismus!
Danke für eure Geduld beim Lesen dieses wirklich sehr langen Eintrags. Ich habe versucht es mit Bildern etwas angenehmer zu machen :-) Und auf ein freudiges Wiedersehen in Good Ol' Germany!

Montag, Oktober 16, 2006

Von Krankheiten und Wagemut ...

berichte ich diesmal. Ja, krank war ich, eine ganze Woche lang hatte ich komische Magenverstimmungen mit leichten Krämpfen. Ursprungsverdacht besteht ganz klar bei der Kantine, bei der ich mir nicht 100% sicher bin, ob immer alles frisch ist, und beim Fontaine Palace, jenem Schuppen, in den wir so gerne gehen, der aber verbreiteten Gerüchten zufolge nicht ganz hygienisch arbeitet. So wurde er auch schonmal geschlossen, weil mit Abwasser gereinigt wurde, und die Leitungen, aus denen das Bier fließt seien auch nicht immer so sauber gewesen. Da ich dort kurz zuvor ein paar Bierchen verzehrt habe, liegt eben der Verdacht nahe.
Bei der Heilung hat sich der lettische hochprozentige Schnaps Rigas Melnais Balzams als äußerst effektiv erwiesen. Immer vorm Essen und/oder auch danach, und im Magen war direkt Ruhe. Wahnsinnszeug. Ergänzt durch ein paar Tabletten und Tropfen, die auch nicht besser schmeckten als der Schnaps, verhalf mir die Medikation zur Heilung binnen einer Woche. Puh!

Krank ist leider auch mal wieder mein Auto, eine Fahrt nach Riga endete damit, dass an einer Kreuzung der Kupplungszug riss und das Auto sich nicht mehr bewegen ließ. Nur durch Schieben. Ele und ich haben den Gott sei Dank recht leichten Golf über die Straße geschoben (zum Glück war der Verkehr recht dünn zu dem Zeitpunkt, aber ein paar Autofahrer haben schon blöde geschaut). Dort hielt ein äußerst netter Lette an und schlug uns vor, das Auto zur Tankstelle auf der anderen Seite zu schieben, dort könne man es erstmal stehen lassen. Schlauer Lette, dachten wir uns, und schoben es über gleiche Straße wieder zurück zum Parkplatz der Tankstelle, 5 Meter von da entfernt, wo das Auto liegengeblieben war. Er und seine hochschwangere Frau halfen tatkräftig und boten uns sogar an, einen Mechaniker zu rufen und uns zum Busbahnhof zu fahren, damit wir auch wieder weg kommen. Sehr sehr nette Menschen.
Inzwischen steht meine olle Mühle in einer Werkstatt in Riga, von der unser Chef Girts den Chef kennt, weshalb ich für Abschleppen von der Tanke zur Werkstatt und dortige Reparatur nur 19 Lats bezahlen musste. Und wo die Kiste schonmal da steht, lasse ich sie auch gleich mal für die bevorstehende 2000 km Heimreise durchchecken. Mal gespannt, was dabei rauskommt, ohje... wahrscheinlich rät mir der Mechaniker, es gar nicht erst zu versuchen. Bleib ich halt hier :-)

Unser Arbeitgeber, die Handelskammer, hatte vergangenes Wochenende eine Firmenmesse organisiert, bei der Christoph und ich tatkräftig anpackten. Am Stand der Holländisch-Lettischen Handelskammer hatten wir viel Spaß mit der guten Königin Beatrix (an alle holländischen Leser: Seid nicht böse :-) ). Fürs Helfen gabs bei der Party im Hotel, wo alle Unternehmensvertreter geladen waren, freie Drinks und freies Essen für uns. Ich, wieder vollständig genesen, musste meinen Magen auch gleich wieder auf Belastbarkeit prüfen - er hat bestanden. Party on! Der Abend im Hotel endete für uns erst um 6 Uhr morgens im Pablo, der Disko im Keller des sehr schönen Rock Cafés, die wir bis dahin nicht wirklich besucht hatten.


Eine weitere große Diskothek, die wir bis jetzt nicht ausprobiert hatten, ist das Big7. Man sagte uns, dass es typischerweise ein Schuppen für Russen ist, Letten seien dort nicht so viele. Nun, das können wir bestätigen. Aber es gibt Franziskaner Weizen für 1,20 Lats und viele knapp bekleidete Russinnen. Also haben wir es glatt 2 Stunden da drin ausgehalten. Dann wurde uns die Musik und die vom letzten bis-6-Uhr-Party-Abend - Müdigkeit zuviel.

Gestern schließlich brachen wir auf zu einem Tagesausflug nach Sigulda, einem Ort im Tal des Flusses Gauja und auch "Schweiz Lettlands" genannt. Da mein Auto noch im Check-Up ist, hatten wir freie Auswahl aus dem Fuhrpark vom Chef, in dem Gefährte mit interessanten Namen wie Golf Rolf, Golf Ficki und Dicke Bertha stehen. Da wir mit Golfs negative Erfahrungen gemacht haben, entschieden wir uns für die Dicke Bertha, einen 1981er Mercedes Kombi. Was ein Schiff (seht das Bild), aber mit einer unglaublichen Laufruhe und Gemächlichkeit.


In Sigulda angekommen, nahmen wir sofort die dortige Bobbahn in Augenschein. Hier wird jährlich ein Weltcup-Rennen ausgetragen ... wusste ich auch noch nicht. Leider kamen wir zu einem Zeitpunkt, an dem weder die Sommer- noch die normalen Eisbahn-Bobs fuhren, weil gerade das Eis für den Winter vorbereitet wird. Aber wir waren so dreist, die Bahn zu Fuß runter zu rutschen, mit teilweise waghalsigen Stunts. Der Weg zurück nach oben war wenier spaßig :-)
Waghalsig gings auch weiter. Wir nahmen die Seilbahn über das Flusstal und genossen den Blick auf das jetzt im Herbst traumhaft eingefärbte Tal. Ich gehe sogar so weit, es mit meinem schönen Moseltal zu vergleichen. Naaah, fast. Aber wirklich sehr schön!
Und um dem Wagemut die Krone aufzusetzen, habe ich endlich die Gelegenheit genutzt, einen der Punkte auf meiner "Will-ich-unbedingt-mal-gemacht-haben"-Liste zu streichen: Bungee-Springen!
Man kann nämlich aus besagter Seilbahn einen Sprung ins Flusstal machen, geht gut 40 Meter runter. Bungee-Freaks werden sagen "Nur??" ... für mich wars genug beim ersten Mal! Was für ein Gefühl! Ich hatte mit mir selbst ausgemacht, nicht lange nachzudenken sondern einfach zu springen, wenn ich da am Rand stehe. Zu meiner Überraschung funktionierte das sogar. Sooo geil, dann fällt und fällt man und kriegt keinen Ton raus, und wenn der Fall dann langsamer wird löst sich plötzlich ein Schrei aus der Kehle, und schon wird man wieder hochgerissen.
Und der beste Moment ist dann, wenn man für einen kurzen Moment quasi schwerelos in der Luft hängt, bevor der zweite Fall kommt. Wäre ich nicht mit Adrenalin vollgepumpt gewesen, ich hätte todsicher gekotzt!

Nun bricht leider schon meine letzte Woche hier in Lettland an, ab Donnerstag starten wir zu einer Rundfahrt (bittebitte, liebes Auto!) durch Litauen, mit den Hauptstationen Kaunas (Christoph hat noch viele Freunde von seinem Auslandssemester dort) und der östlich gelegenen Hauptstadt Vilnius. Und am Sonntag fahre ich dann für eine Woche nach Tartu in Estland, wo ich das letzte Semester verbracht habe. Ich mache eine Woche Urlaub, besuche eine Konferenz über Unternehmertum und Technologie im Baltikum, und werde dann Ende nächster Woche über Warschau zurück nach Hause fahren. Aber bis dahin werde ich bestimmt nochmal was geschrieben haben.

Wünsche euch noch schöne Ferien von Schule oder Semester und einen angenehmen Start der-/desselben. Oder einfach nur Frohes Schaffen oder Reisen oder was immer ihr gerade tut.

Dienstag, Oktober 03, 2006

Ausflüge nach Tartu und baltischer Herbst

Ich war noch mal in Tartu am Wochenende, ist ja immer wieder schön ;-) Ich musste feststellen, dass die Globalisierung zumindest hinsichtlich des kulturellen Austauschs super funktioniert:

Ich war zuerst auf einer sehr russischen Feier, jeder Gast sollte etwas aus der sowjetischen Vergangenheit Estlands tragen oder zu trinken mitbringen. Da ich diese Zeit nicht mitgemacht hatte und es auch zu spät war um echt russischen Vodka zu kaufen, musste ich die militärisch gekleidete Gastgeberin an der Tür davon überzeugen, dass meine roten Haare ein ganz klares Symbol sind ... die Flasche Martini, die ich noch schnell hatte besorgen können, tat ihr übriges, um uns Einlass zu verschaffen :-) Die Party war sehr sehr witzig, alles war russisch beschriftet, es gab ne Menge Vodka, und jeder bekam einen russischen Namen für diesen Abend. Ich war D(i)mitri (bzw. дмитри).
Ja, und ins Zavood sind wir auch noch, jene Kneipe, die ewig offen hat, wo jeder gute Tartuer hingeht, für den Sauberkeit keine Rolle spielt, und wo man immer bekannte Gesichter trifft. So habe also ich als Deutscher mit einem Holländer und einem Briten in Estland ein tschechisches Bier getrunken und amerikanischer Musik gelauscht. Ist doch toll, wie die Welt zusammen wächst.
Die Esten haben einen neuen Präsidenten, von dem sie sich viel erwarten. Er soll sehr europaorientiert sein und dem Land zu internationaler Aufmerksamkeit verhelfen. Als Ausdruck ihrer Freude haben viele Esten spontane Feiern veranstaltet - krass. Hat bei uns jemand Party gemacht, als Köhler Präsident wurde? Und noch besser: Es gibt in quasi jeder Stadt in Estland eine Straße, die "Rüütli" heißt, der Genitiv von "Rüütel", das bedeutet "Ritter" auf deutsch. Nun hieß der alte Präsident zufällig auch Rüütel mit Nachnamen, Grund genug für die politisch aktiven Tartuer Studenten, die "Rüütli"-Straßenschilder durch "Ilvese" zu ersetzen, dem Namen des neuen Präsidenten.

Mittlerweile bin ich nicht mehr in Riga am Arbeiten, sondern wieder zurück im ruhigen beschaulichen Liepaja. Hier ist es deutlich angenehmer, die Arbeit ist nicht ganz so anstrengend, und die Kneipen deutlich billiger. So waren Christoph und ich letzte Woche gleich zweimal im Fontaine Palace, dem konkurrenzlos besten, weil sehr alternativen Club/Kneipe/Kaschemme/Schuppen ... keine Ahnung wie man es nennen soll, es ist von allem ein bisschen. Jedenfalls kostet der halbe Liter Bier umgerechnet 90 Cent, Dienstags ist immer Striptease (Christoph kennt schon 2 der 3 Stripperinnen persönlich, ich inzwischen auch. Nette Mädels ... die eine ist 19, hat ein Kind, und ihr Hauptberuf ist eben Strippen), und Donnerstags sind oft Konzerte. Letztes Mal haben 4 Bands gespielt, eine davon deutsch, und die einen waren Brasilianer. Sehr amüsant und laut, und vom Gesang war nix zu verstehen, wir konnten nichtmal sagen ob der jetzt portugiesisch oder englisch "singt" (eher grunzt). Und das Publikum bestand aus gerade mal 10-15 unheimlich betrunkenen Letten. Das ist natürlich alles und völlig und total unter unserem Niveau sowas, wir gehen da ja immer nur hin um uns selbst zu bestätigen, dass wir zivilisiert sind. Und das müssen wir eben im Schnitt zweimal die Woche machen.
Aber es gibt Hoffnung für Lettland, dieses Bild zeigt ganz klar, dass auch hier kulturelle Werte existieren, auch wenn sie wahrscheinlich aus Deutschland stammen (Bild anklicken und links und rechts neben dem Nummernschild genau hinschauen):


Oho, und wir sind sehr aktiv, gehen jetzt immer tapfer nach der Arbeit in einen Fitness Club umme Ecke. Gestern abend als wir da raus kamen hat es zum ersten Mal so richtig mies geregnet, seit wir hier sind. Die Abwassersysteme, sofern es sie gibt, waren offenbar überlastet, denn wir standen vor einem waschechten See, und die Straße war ein Fluss. Echt geil, die Autos waren teilweise auf Reifenhöhe tief im Wasser. Wir haben dann versucht Landbrücken zu finden, um nicht völlig nass zu werden. Unsere Suche wurde durch die Tatsache, dass es zwar Straßenbeleuchtung gibt, diese aber nicht eingeschaltet war (klar, es war ja auch schon nach 22h, braucht man ja dann nicht mehr), gewiss nicht erleichtert. Aber wir kamen doch noch heil und verhältnismäßig trocken daheim an.

Heute, zum Tag der deutschen Einheit, sind wir beiden natürlich früh aufgestanden, haben die deutsche Fahne gehisst/über dem Fenster aufgehängt (warum, Christoph, hast Du die mitgenommen??), und freundlich davor posiert:


So, jetzt muss ich aber mal was arbeiten hier. Im höchsten Bürogebäude Liepajas mit Blick auf den belebten Marktplatz. Viele Grüße in alle Welt!

P.S.: Ich lebe immer noch ohne Handy, äußerst entspannend. Es macht Verabredungen etwas schwieriger und weniger flexibel, aber das Leben wird deutlich entschleunigt. Sehr zu empfehlen an alle!

Montag, September 18, 2006

Riga Nightlife!

Seit langem gibt es endlich noch mal etwas zu berichten, und dann gleich eine ganze Menge. Die letzten beiden Wochen waren im Grunde eher langweilig, ich habe immer bis abends gearbeitet, und da ich von der Arbeit bis in meine Absteige immer eine Stunde brauche, habe ich auch nicht wirklich viel unternommen. Außer ein bisschen am Strand zu spazieren, ein paar Sonnenuntergänge anzuschauen und hier und dort ein Bierchen zu trinken habe ich tatsächlich nichts gemacht (man sehe nebenstehendes Bild [anklicken zum vergrößern], das zeigt wie typisch lettisch dieser Ort doch ist, in dem ich wohne…).

Viele gelesen habe ich allerdings, sehr empfehlenswert: Der Schwarm von Frank Schätzing. Man kann gar nicht mehr aufhören. Und gerade bin ich fertig mit Bridget Jones's Diary, was ich mir auf vielfache Empfehlung weiblicher Freunde gekauft hatte. Sehr sehr amüsant, was euch Frauen so tagtäglich alles beschäftigt ;-)

Nun, die allgemeine abendlich Untätigkeit sollte sich am vergangenen Wochenende ändern, denn Christoph kam aus Liepaja rüber und wir haben uns abends in der Stadt getroffen, mit dem festen Ziel, derbe einen drauf zu machen, weil es das letzte Wochenende ist, an dem ich in Riga bin. Wohlwissend, dass der letzte Zug nach Hause um 00:30 und der erste um 06:00 abfährt, stellten wir uns auf eine lange Nacht ein - kein Problem für uns. Gesagt getan … es folgt eine Chronik des Schreckens:

Das erste Bier hatte Christoph direkt schon im Rucksack dabei, das mussten wir auch sofort trinken, weil er wollte den Rucksack über Nacht bei der Gepäckaufbewahrung lassen - und dafür musste der so leicht wie möglich sein. Wir wollen ja kein Geld verschwenden (Haha). Danach gabs ne leckere Pizza Weiß-net-mehr-genau-welche bei Cili Pica. Beim folgenden ziellosen Wandeln durch die Altstadt (ich hatte natürlich eine Liste guter Clubs von meinen Kolleginnen angefordert, auch erhalten, aber leider zuhause vergessen) wurden wir davon überrascht, wie sehr Riga doch von der Touristenabzocke lebt. An jeder Ecke stand ein Kerl, der einem "die beste Bar" oder "den heißesten Striptease-Club" empfahl. Völlig immun gegen solcherlei Köderei haben wir uns die Etablissements zwar immer brav zeigen lassen, dann aber eingewandt, dass es nicht das sei, was wir suchen. Ha! Wir sind ja so erfahren und schlau, mit uns klappt so was halt nicht. Schließlich zog eine Bar an der Hauptstraße unsere Aufmerksamkeit auf sich, bzw. die leicht bekleidete Tänzerin, die auf der Theke tanzte. Da wir ohnehin sehr durstig waren, hatten wir einen guten Vorwand um reinzugehen. Und dadrin war das dann noch krasser - da waren offensichtlich Mädels (sog. consumption girls, wie ich erfahren habe), deren einzige Aufgabe es ist, besoffene Touris, hauptsächlich Engländer und Iren, auf die Tanzfläche zu ködern, sie heiß zu machen, und sich dann völlig überteuerte Drinks ausgeben zu lassen. Oder für entsprechende Bezahlen mit ihnen in ein Hinterzimmer zu gehen. Das mit der Bezahlung wird natürlich erst bekannt gegeben, wenn die Zielperson schon so angeheitert und geil ist, dass sie das Wort "Nein" aus dem Wortschatz verstoßen hat. Und die Mädels lassen sich echt alles gefallen, so krass. Die ekelhaften besoffenen Iren haben denen an den Hintern und an die Brüste gefasst, völlig ohne Hemmungen oder Skrupel. Die haben dann immer etwas gespielt empört reagiert, aber sind nach paar Sekunden doch wieder zu dem Kerl hin. Wir, unseren Augen nicht trauend, waren natürlich auch dagegen immun, haben unser Bierchen in der Ecke geschlürft und immer nett zurückgegrinst, wenn sie uns mit süßem Lächeln und dezenter seitlicher Kopfbewegung auf die Tanzfläche kriegen wollten - man, die eine war schon süß :-) Aber nein, wir sind ja erfahren und schlau und lassen uns nicht ausnehmen.

Irgendwann wurds uns dann doch zu bunt, und wir haben das Weite (/ eine andere Bar) gesucht. Nach einer Stippvisite im völlig überfüllten Casablanca (sehr empfehlenswert für alle, die mal nach Riga kommen - gutes Essen, für Riga sehr vernünftige Preise, kein Eintritt - leider viel zu kleiner Tanzraum; ich fühlte mich spontan an den Koblenzer Circus Maximus erinnert) suchten wir dann doch was richtiges, einen echten Club wo was los ist. Es waren mittlerweile bereits 1 oder so, es galt noch viele Stunden zu überbrücken. Inzwischen längst nicht mehr nüchtern, sank nicht nur unsere Urteilskraft, sondern auch unser Widerstand.

Letztlich hat es einer von den Typen geschafft, uns in einen waschechten Striptease-Club zu locken, mit folgendem Versprechen: 10 Lats Eintritt (15 Euro), dafür kriegt jeder 3 Bier frei! Alle anderen Angebote vorher waren schlechter, also sagten wir uns, dass 3 Bier ohnehin nicht viel billiger sind - versuchen wirs doch einfach mal. Tjahaaa, und dann erwischte es uns ganz eiskalt. Wir hatten das Kleingedruckte natürlich nicht gelesen, bzw. der Typ hatte es eben nicht gesagt, denn das zweite Freibier kriegt man erst, wenn man einem von den netten Mädels, die sich sofort zu einem gesetzt haben, einen Drink ausgibt. So ganz umsonst ist das Bier dann halt nicht, vor allem, wenn der billigste Drink, den die Mädels trinken wollten, 27 Lats kostet. Das lief alles so krass ab: Erst kommt man rein, kriegt nen schönen Platz nahe der Bühne mit der Stange in der Mitte zugewiesen, und bekommt ohne zu fragen sofort sein erstes Bier. Wenn das so halb leer ist, kommt die gleiche Anzahl Mädels, wie Kerle am Tisch sitzen, und fangen an zu plaudern. Über dies und das, Where are you from? Ah, Germany, nice, what are you doing here? Working? Wow, aha, hmhm, blablabla. Und dann (nachdem sie vorher paar Mal vorbeigelaufen war und hoffnungsvoll geschaut hat) steht plötzlich die Kellnerin vor einem und fragt, ob man dem netten Mädel denn nicht einen Drink spendieren will. Da gingen dann unsere Alarmglocken an. So ein bisschen waren sie die ganze Zeit schon im Hintergrund am läuten, aber durch die zugegeben nette und gar nicht so dumme, wie man annehmen sollte, Gesellschaft und den alkoholischen Nebel waren die Alarmglocken eben nicht zu hören gewesen.

Nun, das kam natürlich gar nicht in Frage, dass wir denen einen ausgeben, wenn wir da so dreist zu aufgefordert werden. Erst gar nicht bei den Preisen, wo simma denn? Das beste war die Flasche Champagner für sage und schreibe 660 Lats (1000 Euro[!!!]). Nun, wir gaben der Kellnerin zu verstehen, dass wir nix für die Mädels bestellen wollen, aber doch gerne unsere nächsten beiden Freibiere hätten. Die nachfolgende Diskussion dauerte etwa ne halbe Stunde, die Kellnerin wurde immer ungehaltener, wir natürlich immer noch freundlich. Wir wollten schließlich unser Bier. Sie wollte es uns erst geben wenn wir einen Drink gekauft haben. Letztlich gab sie entnervt auf, wir auch - keiner kriegte was zu trinken. Das Mädel blieb noch ein bisschen sitzen, sie war echt nett, meinte auch, das sei eben "the way it works here". Sie sagte außerdem, dass sie das mit dem Tanzen auch nicht mache, sie würde nur den Kunden das Geld aus der Tasche ziehen.

Schließlich haben sie alle Geschütze aufgefahren: Eine mit einem Hauch von Nichts bekleidete Blondine tanze an der Stange rum, entledigte sich auch noch des meisten dieses Hauchs und sprang erst dem Christoph und dann mir aufn Schoß und hampelte da rum und brachte unsere wohlgeformten Frisuren durcheinander mit ihren … Händen. Dann sprang sie wieder runter und zog am Rest ihres Hauchs und fragte "Maybe something for me?". Als wir auch da verneinten, kam der letzte Versuch: das Crazy Menu (siehe Bild). Wir sahen es uns an, sahen uns an, und haben losgelacht wie blöde. Am geilsten ist echt "Song order: 7 Lats" und "Waitress/Barmen/Manager in the private room 15 minutes". Wir haben uns überlegt, wie sie einen da wohl wieder abzocken; wahrscheinlich sitzt das Mädel 15 Minuten aufm Stuhl und geht dann wieder raus - das waren dann 75 Lats. Genauso wie 3 Freibier, die man erst kriegt, wenn man was andres kauft. Wahnsinn, Waaaahnsinn! Und wir so erfahrenen und schlauen Baltikum-Kenner sind drauf reingefallen.

Nun, nachdem wir uns beruhigt und fertig gelacht hatten, sagte die Kellnerin doch recht bestimmt, dass es besser sei, wenn wir jetzt gingen. Haben wir auch dann gemacht, nach dem letzten Versuch, noch ein Bier zu bekommen. Inzwischen hatte auch unser Mädel, dass sich lange und tapfer mit uns unterhalten hatte und das ja dieses an-der-Stange-Tanzen nicht mache, ziemlich unmotiviert getanzt. Lügnerin! Immerhin habe ich es geschafft, das Crazy Menu zu entwenden, als Souvenir. Harrrr. Denen haben wirs gezeigt.

Um 10 Lats und viele Kalorien (das Lachen hat das eine kleine Bier locker wieder rausgeholt) ärmer, sind wir in den Club Nautilus. Musik war zu elektronisch, das einzige Bier war Corona für 4 Lats/Flasche, und um in den Genuss der sog. VIP-Lounge zu kommen, musste man noch mal 5 Lats zahlen. Ohnehin schon arm, gingen wir erhobenen Hauptes wieder heraus und fanden endlich einen der Geheimtipps meiner Kolleginnen, das Pulkvedim Neviens Neraksta, was übersetzt soviel heißt wie "Niemand schreibt dem Oberst". Komischer Name, aber sehr geiler Schuppen mit für unsere Gesundheit viel zu niedrigen Bierpreisen. Der locker 2 Meter große DJ hat ganz easy ein paar House-Sachen aufgelegt, die Tanzfläche war klein, die Mädels ansehnlich - also blieben wir bis zum Ende. Es wurde schon wieder hell als wir die Straße betraten. Unsere letzte Station war das Hostel "Friendly Fun Frank's Backpackers", wo Christoph den Besitzer Frank ganz gut kennt. Da haben wir uns ein Absackerbierchen gegönnt, bisschen Tischtennis im Fernsehen geschaut, und ich habe den größten Teil meiner Konzentration darauf verwandt, mich an der Theke festzuhalten.

Den Zug um 8 Uhr haben wir gerade so erwischt, ich habe pflichtbewusst meinen Handy-Wecker gestellt, weil wir befürchteten einzupennen. Klar, ist auch prompt passiert. Komischerweise habe ich den Handy-Alarm nicht gehört, aber die nette Schaffnerin weckte uns und wies uns darauf hin, dass hier unsere Station sei. Gott sei Dank, wir wären sonst wo gelandet. Nun, und bei der allgemeinen Bestandsaufnahme bevor wir uns hinlegten fehlte mein Handy. Es muss irgendwie im Zug verschwunden sein. Keine Ahnung wie, sehr ärgerlich. Wir vermuten, dass ich es nur in der Hand hielt oder neben mir aufm Sitz liegen hatte, und dass es irgendeinem der wenigen Zuginsassen sehr gefallen hat. Das erklärt auch warum ich den sonst wirklich sehr lauten Wecker nicht gehört habe. Grmpf. Naja, war eh ein altes Ding mit Riss im Display, und wenn ich wieder in Deutschland bin gibt’s eh ein Neues mit nem Vertrag, aber was mache ich bis dahin.

Ich spiele ernsthaft mit dem Gedanken, für die nächsten fünf Wochen kein Handy zu besitzen - wie entspannend wir das sein. Oder wie schwierig? Ich bin entschlossen, den Versuch zu wagen, im übertechnisierten Heute, wo jeder von einem erwartet, ständig erreichbar zu sein, ohne Mobiltelefon durch die Welt zu gehen. Hilfe!


Für die unglaubliche Geduld, die ihr für das Lesen dieses Eintrags brauchtet, gibt’s hier zur Belohnung ein Bild (von ungefähr 100) mit einem Sonnenuntergang über der Bucht vor Jurmala.

Zum Schluss noch ein witziger Fakt:

Ich hörte, Estland ist weltweit das Land mit der zweithöchsten Hummer-Dichte (das Auto, nicht das Tier), nach den USA. Und wenn ich mich in Riga so umschaue, dann muss Lettland sofort auf Platz 3 folgen.

Viele Grüße in alle Welt!

Freitag, September 01, 2006

Eingelebt! und ein neues Problem...

Hallo mal wieder aus Lettland. Seit meinem ersten Post ist unheimlich viel passiert, deshalb kommt es mir auch so vor, als wäre ich schon ewig hier. Seit Montag bin ich in Riga am Arbeiten, in einer PR-Agentur namens Monde. Hier ist richtig was los, das sind zwischen 5 und 10 meist weibliche Mitarbeiter im Alter von maximal 30, mit echt guten Ideen für Marketing. Es ist sehr interessant zu sehen, was so alles an Arbeit und Koordination hinter einer Werbekampagne steckt, Wahnsinn. Ich bleibe insgesamt für 4 Wochen hier, also jetzt noch 3, und hoffe, in dieser Zeit einiges zu lernen. Ich soll sogar den ganzen Kram, den wir an der Uni lernen, anwenden, SWOT, Cost-Benefit-Analysis, und so weiter. Ich bin begeistert ... unser Studium bringt tatsächlich was!

Christoph jedenfalls ist in Liepaja geblieben und genießt dort die Vorzüge der eher kleineren, ruhigeren Studentenstadt, während ich mich hier täglich durch den Großstadtmief und -lärm kämpfen muss.
Wir haben dort sogar ne Bude gefunden, in der es sich aushalten lässt, für 5 Lats/Nacht. Ab Mitte September teilen wir uns die dann. Die Vermieter sind sehr angenehme Leute, lassen uns das Auto im Hof abstellen und bieten dauernd Äpfel an.
Ja, aber bis dahin wohne ich hier in Riga. Viel mehr etwas außerhalb, in Jurmala. Das ist DER Touri-Ort in Lettland, direkt am Meer, massenhaft Hotels, eeewig langer Sandstrand, und Party total. Jedenfalls im Sommer. Jetzt ist dort eher wenig los, und die Preise sind auf ein für Riga erträgliches Niveau gefallen. Ich habe über den Bekannten der Frau eines ehemaligen Deutsch-für-Ausländer-Schülers meiner Mutter (geil, wa?) ein Zimmer in einem Hotel (so nennt es sich selbst, ich würde es bestenfalls als Hostel der unteren Kategorie bezeichnen) bekommen, nicht groß, aber okay, Dusche aufm Gang, aber wenigstens warm! Nach zähen Verhandlungen mit dem Besitzer und bisschen Geheule (Ich armer Student, blabla) bezahle ich jetzt 10 Lats/Nacht, also das doppelte von Liepaja, und fahre morgens noch ne halbe Stunde Zug, bis ich in der Stadt bin. Aber das alles ist egal, ich habe eine Bleibe, die einigermaßen erschwinglich ist, auch wenn ich dort nicht viel mehr tue als schlafen.

Am Wochenende waren wir auf der Kurischen Nehrung, ein Küstenstreifen von wenigen Kilometern Breite, mit wunderschöner Natur und ein paar kleinen Küstenorten, die vom Tourismus mehr als gut leben. Schaut, so traumhaft kann es im Baltikum aussehen:

Dort in der Nähe gibt es auch den "Hexenhügel" mit unzähligen großen Holzfiguren. Im Prospekt stand: "Children love it". Nun, wir "adults" hatten auch unseren Spaß :-) Christoph hat eine neue Liebe gefunden (und ja, es ist tatsächlich ein Mann :-D ), und ich habe meine alte Begeisterung für Schaukelpferde wiederentdeckt.



Und in Palanga waren wir auch, dem unten angekündigten Malle des Baltikums. Wir gerieten völlig unabsichtlich in einen Club, dessen Hauptattraktion eine Stripteaseshow war - ehrlich. An sich wollten wir nur ein paar Bierchen zischen und unsere erlahmten Knochen bewegen, aber so wars auch okay :-)
Auf dem Rückweg geschah dann leider das in der Überschrift genannte neue Problem: Mein Auf der 2100-km Hinfahrt so tapfer gewesenes Auto ist zur Zeit lahmgelegt. Gerade wieder in Lettland angekommen, überholte und ein Wagen mit lettischem Kennzeichen, machte wilde Gesten, scließlich den Pannenblinker an und bremste uns aus. Wildeste Befürchtungen gingen uns durch den Kopf: Polizei, Überfall! Aber der Lette kam ganz entgeistert angelaufen und sagte "Probleme Probleme" und deutete auf mein linkes Hinterrad. Und da sahen wir es dann auch, und rochen es vor allem: Rauchschwaden aus dem Radkasten. Wir warteten bis es rum war, diskutierten fachlich auf hohem Niveau was es sein könnte und kamen überein, keine Ahnung von Autos zu haben. Die Vielzahl an Geräuschen, die an sich immer bei dem ollen Golf auftraten, und die paar neuen, die seit der hügeligen Polen-Durchfahrt hinzugekommen waren, hatten wir halt irgendwann mit dem Gedanken "Wir könnens ja eh net ändern" ignoriert und mit Musik übertönt. Nun, in der lettischen Pampa gestrandet und völlig hilflos, entschieden wir, äußerst langsam nach Liepaja zu tuckern und zu hoffen, dass lettische Mechaniker fähig sind und vor allem billig. Ging dann auch ganz gut, die Geräusche wurden nicht weniger, und wir ernteten vor allem in der Stadt viele erstaunte Blicke, die soviel ausdrückten wie "Woah, die Karre klingt, als würde sie gleich auseinander fallen, und die Trottel fahren immer noch damit - komisch, die Deutschen."
Nunja, jetzt kümmert sich Christoph um mein Baby, und das hoffentlich liebevoll! Es hat doch noch 8 Monate TÜV, da darf es jetzt nicht schlapp machen.

So, ich freue mich jetzt auf mein lang herbeigesehntes Wochenende. Um 19 Uhr startet der Bus nach Tartu, Estland! Yeah, nach langen 2 Monaten wieder dorthin zurück. Da versteh ich zumindest in Teilen, was um mich herum so gesprochen wird. Lettisch ist dafür noch zu neu, und die haben so viele ch's und sch's und dsch's und seltsame Zeichen an ihren Buchstaben dran, ich komm noch gar nicht klar damit. Hoffe, dass es sich in den kommenden Wochen noch etwas ändert und ich zumindest im Restaurant in einwandfreiem Lettisch eine Pizza und ein Bier bestellen kamm.

Gruß in alle Welt,
Thomas

P.S.: Für alle, die in Tartu waren, und Falck kennen gelernt haben: Die gibts natürlich auch hier, aber mit entschieden cooleren Autos:

Donnerstag, August 24, 2006

Arrived in Latvia

Sveiki ("Hallo") an alle Daheimgebliebenen und diejenigen, die grade in aller Welt unterwegs sind!

Mein Mitbewohner Christoph und ich sind inzwischen hier in Lettland angekommen, genauer gesagt in Liepaja an der Ostseeküste. Bis Ende Oktober bzw. im Falle von Christoph bis Ende November werden wir hier beide ein Praktikum in der lettischen Industrie- und Handelskammer machen.

Um mal kurz die Ereignisse der Hinfahrt und unserer ersten Tage zusammenzufassen: Nichts hat geklappt wie es sollte, alles sehr chaotisch, wir haben keine Wohnung, aber einen netten Arbeitsplatz.
Unsere Reise war ein langer Road Trip durch ganz Deutschland, Polen, Litauen und schließlich Lettland. Insgesamt haben wir 30 Stunden gebraucht und 2100 km zurückgelegt (laut Routenplaner wären es unter 20 Stunden und nur 1600 km gewesen, aber gut), und das alles in meinem ollen 2er-Golf. Jaha, der kann mehr, als man von ihm erwartet. Einige besorgniserregende Geräusche traten schon auf, und zwischendrin hatte er auch mal ein paar kleine Aussetzer, der gute; aber letztlich kamen wir sicher und heil und total fertig in Liepaja an.
Diese Karte zeigt unsere Odyssey durch Osteuropa:



Angekommen, stellten wir fest, dass die versprochene Organisation unseres Aufenthalts nicht existierte. Alles, was wir wussten, war die Adresse eines Wohnheims. Wir haben uns durchgefragt und es letztlich gefunden; die Hausmutter sprach ein leidliches Deutsch, kein Englisch. Da unser Lettisch und Russisch nicht so gut sind, haben wir uns mit der guten Frau darauf "geeinigt", dass wir ein Zimmer für die Nacht für 4 Lats (= 6 Euro) pro Person nehmen.
Nachdem wir durch die verwinkelten dunklen Wohnheimflure hindurch unser Zimmer gefunden hatten, meinte die Frau noch "jaja, schlechtes Hotel hier" und "schlechtes Service". Nun, sie sollte Recht behalten: Das Zimmer ist eine Katastrophe. Wir habens gesehen, und direkt unseren Chef angerufen und gesagt dass das so nicht geht. Aber für die ersten Tage müssen wir nun hier drin bleiben. Ich bin ja echt nicht zimperlich und auch gerne bereit zu Kompromissen was das Wohnen angeht, aber das hier geht echt nicht. Die Betten sind dermaßen durchgelegen, ich liege ohne Witz fast mit dem Rücken auf dem Boden; das Wasser ist kalt, nicht mal ein Anzeichen von Wärme; die Dusche ist unbeschreiblich dreckig; aufm Bad gibts keinen Spiegel; die Fenster sind vergittert; die Küche, selbst auf dem Wohnheimflur, besticht durch Abwesenheit; ... jedenfalls schlafe ich momentan auf dem Boden, dusche kalt (unheimlich erfrischend am Morgen, muss ich sagen), esse auswärts und bin mit der Gesamtsituation unzufrieden. Hier mal stellvertretend in Bild der Dusche:

Jetzt sind Christoph und ich gemeinsam auf Wohnungssuche, wobei es für ihn problematischer ist. Denn ich werde ab Montag erstmal in Riga sein und wohl nur an den Wochenenden nach Liepaja herkommen. Ich darf dort in einer PR-Agentur arbeiten, muss mir aber auch dort eine Wohnung finanzieren, die alles andre als billig ist. Aber hey, dann habe ich insgesamt 4 Wohnsitze: bei meinen Eltern, in Koblenz, in Liepaja und in Riga. Ist doch auch mal was.

Überhaupt sind wir dazu übergegangen, die positiven Seiten zu sehen und die negativen vorübergehend auszublenden:
  • Wir arbeiten im höchsten Bürogebäude Liepajas (immerhin ganze 5 Stockwerke) ganz oben, mit Blick auf 2 Kirchen und den Marktplatz.
  • Das Meer ist nur wenige hundert Meter entfernt, der Strand ist ein Traum und echt schön.
  • Liepaja war zu sowjetischen Zeiten völlig abgeriegelt, es war eine militärische Sperrzone mit großem (weil eisfreiem) Hafen und florierender Stahlindustrie. Hier lagen in Spitzenzeiten 140 Kriegsschiffe und 30 Atom-U-Boote.
  • Unser Wohnheim hat den Flair eines waschechten Plattenbaus; in sowas sollte man auch mal gewohnt haben, um den heimischen Komfort richtig schätzen zu lernen.
  • Ein großes Bier kostet lächerliche 1,40 Euro, eine warme Mahlzeit, die durchaus satt macht, gerade mal 3 Euro.
  • Nach überzeugter Meinung aller Liepajaner sind die hiesigen Mädchen die schönsten auf der ganzen Welt. Christoph und ich können diese These nur schwer widerlegen...
  • Wir haben beste Reisemöglichkeiten ins ganze Baltikum: Litauen ist um die Ecke, damit auch Palanga, das Mallorca des Baltikums direkt am Meer, bestehend aus Hotels, Kneipen und Diskotheken; Riga ist nah, und damit auch Estland, wohin ich todsicher die ein oder andere Reise unternehmen werde.
  • Wir können uns gar nicht rasieren, weil wir keinen Spiegel haben. Und alles andere ist zu riskant ... eine gute Entschuldigung für den angehenden Vollbart, der leider etwas zwickt.

Soviel erstmal hier aus Liepaja. Ich werde in unregelmäßigen Abständen mal Neues aus meinem sehr abwechslungsreichen Leben hier posten.
Euch daheim und überall in der Welt (Deutschland, Holland, Frankreich, Polen, Australien, Neuseeland, Hawaii, Bali, Singapur fallen mir spontan ein) einen schönen Restsommer, Semesterferien, Auslandssemester oder was auch immer ihr gerade macht.

P.S.: Schreibt gerne Kommentare zu den Einträgen und Photos.